Gestern haben wir erstmals auf dieser Reise in einer Pilgerherberge übernachtet. Beim Mittagessen hatte ich zwei Betten in der Herberge gebucht, weil ich die Hoffnung hatte, dass wir unser Tandem und Anhänger im Garten der Herberge unterstellen können. Bei der Zimmerbuchung ist das leider das Hauptproblem. Die meisten Hotels und/oder Herbergen sind in den Zentren und haben keinen Garten oder abschließbare Fahrradunterstellplätze. An der Straße parken ist eine schlechte Option, weshalb wir im Normalfall Campingplätze bevorzugen, da steht dann das Equipment direkt neben dem Zelt.
Die Betreiber der Herberge haben sich alle Mühe gegeben, aber Tandem und Anhänger mussten auf dem Gehweg an der Straße parken. Nachdem alle Schlösser aktiviert und das Tandem mit der Parkgarage abgedeckt war, wurde noch ein Auto davor gestellt, so dass man es von der Straße aus nicht sofort sehen konnte.
Ich habe trotzdem schlecht geschlafen und habe über meine Tracking App mehrmals nachgeschaut ob es noch vor der Herberge steht. - Heute Morgen war noch alles da.
Die Herberge war nicht voll belegt, deshalb hatten wir das Glück ein Vierbettzimmer zu zweit belegen zu können. Ich mag mir gar nicht vorstellen, was für ein Duft im Zimmer gewesen wäre, wenn da vier Personen geschlafen hätten.
Dennoch muss man sagen, es handelte sich um eine Vorzeigeherberge. Wenn alle so wären, müsste man nicht in Hotels oder Pensionen ausweichen. Die können da locker mithalten. Das Zimmer peinlich sauber, mit richtiger Bettwäsche, Waschmaschine, Trockner, Duschen und Toiletten recht neu und auch super sauber und in der Küche trifft man sich mit den anderen Pilgern.
Außer uns waren lauter Fußpilger in der Herberge. Da ist es schwer Gemeinsamkeiten zu finden, denn für Sie ist die Strecke, wegen der kürzeren Etappen, ganz anders als für die Radpilger. Auffallend war, dass viele der Pilger dreisprachig waren, neben Spanisch und Englisch wurde auch deutsch oder tschechisch gesprochen. Ein Wahnsinn.
Heute Morgen sind wir erst kurz vor 8 Uhr aufgestanden, da waren viele der Pilger bereits am aufbrechen. Wir beluden unser Gespann und gönnten uns noch einen Kaffee aus dem Kaffeeautomaten. Dabei unterhielten wir uns mit einem jungen Mann, der perfekt deutsch, englisch und spanisch sprach. Er will am Samstag in Santiago sein und hat heute eine 30 km Etappe auf dem Plan.
Wir haben uns noch ins Gästebuch eingetragen und uns herzlich für die Gastfreundschaft bedankt, bevor wir gestartet sind.
Es war richtig kalt. Die erste Stunde haben wir, trotz langen Jacken, gefroren wie die Schneider. Es war komplett bewölkt, wobei es nach einer Stunde aufklarte und die Sonne rauskam. Am Nachmittag wurde es dann sogar mal richtig heiß.
Evelin wollte heute unbedingt in Santiago ankommen, obwohl es eigentlich noch zwei gemütliche Etappen gewesen wären. Ihre verstorbene Mutter hätte heute Geburtstag gehabt und aus diesem Anlass wollte Sie Kerzen in der Kathedrale für unsere verstorbenen Angehörigen und Freunde entzünden.
Um die Strecke überhaupt bewältigen zu können, Komoot hatte 103 km und 1090 hm vorgegeben, wichen wir von der Route des Jakobsweges ab und fuhren direkt, ohne Umweg Richtung Santiago.
Zunächst fuhren wir auf der N 634 nach Baamonde. Am Anfang war viel Verkehr, aber ab der nächsten Autobahnauffahrt waren wir über lange Strecken alleine unterwegs. Der Seitenstreifen der N 634 war eigentlich nicht befahrbar. Zu viel Splitt und anderes Zeug, was den Reifen schaden könnte. Auf der Straße selbst, Deckenbrüche und Schlaglöcher en Masse. Viel Freude kam da nicht auf, zumal die größten Steigungen in der ersten Streckenhälfte lagen.
In Baamonde versorgten wir uns in einem Supermarkt und fuhren anschließen auf der N-VI in Richtung Guitiriz weiter. Da wir einen Stempel für unser Credenzial benötigten machten wir uns dort auf die Suche, jedoch leider vergeblich.
In Santa Maria de Lagostelle bogen wir wieder auf die N 634 ein, die uns direkt nach Santiago führen sollte. Im Gegensatz zu heute morgen war jetzt heftiger Verkehr, LKW an LKW und nur der schmale Seitenstreifen, der zudem vor Brücken und wenn es zweispurig wurde, plötzlich verschwand. Die Fahrt dort war kein Vergnügen, obwohl die Landschaft recht schön war und die LKW meist recht gesittet und mit ausreichend Anstand an uns vorbei fuhren.
Pünktlich zur Mittagszeit ließ der Verkehr schlagartig nach um nach einer Stunde wieder so heftig wie zuvor einzusetzen.
Es tauchten die ersten Wegweiser mit Santiago auf und wir konnten wie bei einem Countdown herunterzählen.
Etwa 15 km vor Santiago, am Flughafen bogen wir auf den Camino Francès ein, leider auf den Fußweg, was keine Freude für unser Fahrzeug war, bis wir auf die daneben verlaufende Straße fahren konnten.
Ich hatte gar nicht mehr in Erinnerung dass der Monte do Gozo so weit vom Flughafen entfernt ist und dass bis dahin einige abartige Steigungen zu bewältigen sind.
Kurz nach 15 Uhr waren wir am Monte do Gozo und waren erstaunt, dass dort alles völlig anders war, als wir es in Erinnerung hatten. Der Campingplatz ist wieder geöffnet, es gibt eine riesige Pilgerherberge in der auch wir abgestiegen sind. Drumherum wurde ein Park, mit Teich und Schwimmbad angelegt.
Nachdem wir unser Zeug ins Zimmer gebracht haben, sind wir mit dem leichteren Gespann nach Santiago zur Kathedrale gefahren. Auf der Plaza war überraschend wenig los.
Wir Haben uns in die Arme genommen und ein paar Tränen verdrückt. Nun haben wir ein weiteres Ziel unserer Reise erreicht. Nach Paris und dem Mont St. Michel sind wir jetzt bei der Nummer drei.
Leider war die Kathedrale geschlossen und würde erst zum Abendgottesdienst um 19.30 Uhr wieder geöffnet. Deshalb müssen wir das mit den Kerzen leider morgen nachholen.
Nachdem wir Bilder gemacht haben, sind wir in den Schatten gefahren und wurden von einer spanischen Reisegruppe regelrecht überfallen. Jeder einzelne wollte Probesitzen und fotografiert werden. Da waren viele Erklärungen fällig und wir mussten eine Menge Bambuk-Visitenkarten verteilen.
Auffallend waren die vielen Polizisten, die auf dem Platz positioniert waren.
Wir sind dann durch Blödheit in die Fußgängerzone gefahren, die voller Menschen war. Da sind wir dann regelrecht „durchgestanden“ und haben gehofft, dass Keiner über das Tandem purzelt. Der Pilger ist scheinbar nach erfolgreichem Abschluss seiner Reise mit Blindheit und Kauflaune gesegnet. Er sieht nur noch das was sich in den Souvenirläden befindet, was sich dazwischen bewegt, dringt offensichtlich nicht mehr in sein Gehirn. Letztlich waren wir froh, als wir da wieder draußen waren.
In einem Lokal, direkt beim Polizeirevier haben wir ein verspätetes Mittagessen oder ein frühes Abendessen zu uns genommen. Anschließend noch einen Bankautomaten und einen Lebensmittelmarkt besucht und uns von Google zurück zur Albergue navigieren lassen, mit den üblichen Schikanen, Treppen und gegen Einbahnstraßen. Eigentlich nichts Neues aber mit fast leeren Akkus echt blöd, wenn man am Schluss noch eine heftige Steigung zu bewältigen hat.
Heute kamen wir wirklich auf der allerletzten Rille mit 2% Restkapazität an. Wenn das nicht gereicht hätte, hätte der Fahrer ordentlich zu schieben gehabt.
Morgen ist Sightseeing und Shopping angesagt und am Freitag versuchen wir mal den angekündigten Regen auszusitzen.
Am Samstag wollen wir dann weiter nach Fisterra und am Sonntag nach Muxia.
Heute waren es 114 km (in Santiago an der Kathedrale waren es 98 km)
Gesamtkilometer: 3332
Link zur Etappe:
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Gratulation!!👍🏻👍🏻